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1992 - 2024
32 Jahre entwicklungspolitische Arbeit

 

Zweiter Bericht von Juliane
von Juliane Schwarz
10.05.10     A+ | a-
Ihr Lieben, wo soll ich anfangen?
In ein paar Tagen sind es nun schon 2 Monate, die ich hier bin  -  und es ist so viel passiert. Das Frauenzimmer haben wir fertig gestaltet. Mit dem Geld, das wir von PPI bekommen haben, konnten wir Farbe, Pinsel etc. kaufen. Wir haben vierzig Frauen in Zehnergruppen aufgeteilt, jede Gruppe hat sich einen Namen ausgedacht und dazu passend  eine Wand in dem Zimmer gestrichen, in dem die Treffen der Frauengruppen stattfinden werden. Es war schön zu sehen, welche Ideen die Frauen entwickelt haben und vor allem wie viel Spaß es ihnen bereit hat, „ihre“ eigene Wand zu gestalten. Anbei meine Lieblingswand: Diese Gruppe hat sich z.B.  „Mamas unidas “ genannt, was soviel bedeutet wie: Vereinte Mütter. Das Bild (rechts: Juliane)  zeigt Mütter, die an viele Dinge denken müssen wie : Arbeit, Familie, Heim etc.

Alle Frauen halten sich an den Händen, um ihre Einigkeit zu zeigen und sich so gegenseitig zu stärken und zu helfen. Dieses Gefühl will CAFA (Centro de Atención a la Familia =Familienbetreuungszentrum) ja auch vermitteln, und es scheint richtig verstanden zu werden! Ziel dieser ganzen Aktion war ja auch, das Gemeinschaftsgefühl dieser Frauen innerhalb der Gruppen, aber auch zu CAFA zu stärken. Da manche Mütter  öfter mal die Gruppe wechseln, weil sie z.B eine neue Arbeit gefunden haben, die zeitlich genau auf das Treffen fällt, kennen sich die Frauen teilweise untereinander nicht. Weder ihre Namen noch ihre Geschichte. Durch diese gemeinsame Arbeit konnten sie sich nun besser kennen lernen, und sie haben jede Woche etwas vor Augen, das sie selbst gemacht haben und worauf sie vor allem sehr stolz sind. Das Anstreichen hat aber nicht nur bei unseren Müttern etwas bewirkt, sondern auch bei meinen  Kollegen und bei der Organisation „Mil Solidarios“. Irgendwie hat das alles so eine kleine Welle der Veränderung hervorgerufen. Wir haben  einen Putztag eingeschoben, an dem wir vieles ausgemistet und vor allem  einfach mal Ordnung in dieses ganze Chaos gebracht haben. Durch die Anstreich - Aktion ist jetzt auch völlig klar, dass dieser Raum der Arbeitsraum der Psychologin ist. Der Kinderraum ist  auch bestimmt, und auf die zwei weiteren Räume haben sich der Sozialarbeiter und die Rechtsanwältin aufgeteilt. Auch das war vorher völlig unklar: Wer sitzt wo. Jeder hat sich mal in den Raum gesetzt, der gerade frei war. Ich sage Euch: Es war ein absolutes Chaos.

Nach diesem  Putz- und Entrümplungstag haben wir einen kleinen Flohmarkt veranstaltet, wo wir alle Kleidung, die ich aus Deutschland mitgebracht habe, verkauft haben, ebenso alle alten Möbel. Die Fundación Mil Solidarios hat den Mitarbeitern mit Hilfe dieser Einnahmen neue Schreibtische gekauft und Stühle mit Polster! Türen  werden angebracht, und endlich haben wir ein richtig funktionierendes Waschbecken in unserer Küche. Dazu das Foto: Da, wo der Vorhang zu sehen ist, befindet sich übrigens unsere Toilette!  Auch im Bild zu sehen ist unser Küchentisch, den wir angestrichen haben, damit endlich mal buntes Leben in die trostlose Bude kommt.

Seit dieser Woche haben wir Licht in allen Räumen (der Elektriker hat wirklich 2 Tage für 5 Räume gebraucht!), was jetzt, wenn der Winter kommt, auch bitter nötig ist. Wenn es kalt ist und regnet, müssen wir die Fenster schließen, und da es keine Scheiben gibt, sondern nur Holzklappen, ist es natürlich dementsprechend dunkel in den ZimmerVon dem PPI - Geld habe ich mir auch erlaubt, kleine Anschaffungen für die Küche vorzunehmen. Ich habe Handtücher gekauft (wir hatten wirklich nie ein einziges - weder im Bad, noch  in der Küche), Gläser, Topflappen und einen Mülleimer mit Klappdeckel, um die Fliegen fernzuhalten. Das Kinderzimmer ist noch in Arbeit. Die Kindermöbel sind schon geliefert worden (wie in Paraguay üblich mit Verzögerungen und Hindernissen), und wie Ihr seht, haben wir auch schon eifrig angestrichen:  Da alles bunt ist und in der Größe für Kinder, sind natürlich alle Kleinen neugierig und kommen gucken, wollen mit streichen, Spielzeuge anfassen etc.   Sie haben ganz große Augen und freuen sich schon wahnsinnig, wenn es dann endlich losgeht.

In der Teamsitzung am Donnerstag habe ich dann das Thema Betreuung für die Kinder angesprochen. Da das Kinderzimmer für die Kinderbetreuung während der Muttertreffen gedacht ist, also nur zwei Stunden am Tag, war zu klären, ob das Zimmer zu den anderen Zeiten geschlossen bleibt.

- Werden auch andere Kinder dort betreut, oder nur die Kinder von den Müttern, die zu den Treffen kommen?
- Wie sind die Öffnungszeiten dieser Betreuung, und vor allem:Wer betreut?

Das waren alles Fragen, die wir besprochen haben, und ich denke wir konnten soweit alles regeln. Das Zimmer wird nun von morgens bis abends (zu den gleichen Öffnungszeiten wie CAFA) besetzt sein. Das Wichtigste für mich: Jedes Kind kann kommen! Ich hoffe, es werden nicht zu viele, denn es ist wirklich nicht viel Platz. Wichtig ist mir, dass die Kinder hier nicht nur einen Ort zum Spielen haben, sondern dass sie hier auch lernen aufzuräumen, sich die Hände zu waschen, Dinge zu pflegen etc. Wir haben einen Plan aufgestellt, an dem sogar zwei Erzieherinnen von der Schule Mil Solidarios beteiligt sind. Ich halte euch auf dem Laufenden, wie das mit der Kinderbetreuung klappt. (Ich bin übrigens auch an einem Tag dran, auf die kleinen Bengel aufzupassen).  Letzte Woche war ich mit dem Sozialarbeiter bei einer weiteren Organisation, die sich komplett auf freiwillige Helfer stützt und durch Spenden finanziert. Hier werden Kinder mit extremer Unterernährung aufgepäppelt. Wir waren dort, da eine unserer Mütter (Teodora, 28, 4 Kinder), ihre Tochter operieren lassen muss.

Da Teo und ihr Mann beide schon ihr Leben lang auf der Müllkippe arbeiten, nimmt man an, dass durch die extremen Gase, denen beide täglich ausgesetzt sind, zwei ihrer Kinder mit einer sehr ausgeprägten Hasenscharte (der Kleinsten fehlt wirklich die komplette Hälfte der Oberlippe) geboren wurden. Die Größere wurde schon von einer französischen Organisation operiert, die das weltweit unentgeltlich anbietet. Die Kleinere, 3 Monate alt, kann jedoch noch nicht operiert werden, da sie gerade mal zwei Kilo wiegt.

Ja, ihr habt richtig gelesen: 3 Monate alt, 2 Kilo  -  d.h. sie ist zu schwach für die Operation. Diese Einrichtung versorgt sie von morgens bis abends so lange, bis sie ein einigermaßenes „Normalgewicht“ hat. Das Problem ist nur, dass ihre Mutter Teo sie natürlich morgens dort hin bringen muss  - und genau daran scheitert es. Teo fällt es extrem schwer, diese Termine einzuhalten und dort wirklich regelmäßig zu erscheinen. Wir waren dort, um mit den Leuten vor Ort zu sprechen, wie regelmäßig Theo ihre Tochter denn nun wirklich dort hinbringt. Auch hier werde ich euch dem Laufenden halten, was passiert. Heute (Montag, den 11.04.10)  und die kommenden fünf Montage bietet die Organisation „Semilla“ (ihr erinnert Euch: Karaoke) eine Art Workshop für die Frauen an. Dieser findet bei uns im CAFA Haus statt und wir haben eine große Werbekampagne gestartet. Es gab kleine Handzettel, große Banner und natürlich wurde die ganze Aktion im Radio angekündigt.  Es geht darum, welche Rechte wir Frauen haben, wo man Informationen dazu bekommt, wie man sein Recht geltend macht etc. Das Ganze ist natürlich kostenlos, und die Frauen erhalten  ein Zertifikat darüber, dass sie erfolgreich teilgenommen haben. Es haben sich wie immer viele angekündigt und ich hoffe alle Angemeldeten kommen auch. Zu unserem Karaoke Treffen wollten ja auch alle erscheinen, leider haben sich dann aber nur fünf Mütter blicken lassen. Aber für diese fünf war es ein unvergessliches Erlebnis!   Wir hatten viel Spaß!
 





So, ihr Lieben, diesmal habe ich selber Bilder gemacht, damit ihr einen besseren Eindruck von meiner Arbeit vor Ort bekommt.
Ich hoffe, das ist mir mit dieser E-Mail gelungen
Bis zum nächten Mal viele Grüße aus Paraguay!  

Juliane

Ausbildungszentrum für ländliche Entwicklung (CCDA)

Hilfsverein Solidarität - Solidaridad

Fundación Vida Plena

Kinderstation Hospital Barrio Obrero

Fundación Celestina Pérez de Almada

Padre Oliva - Bañados del Sur

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